Reise zum Drachenfest in San Vito/ Sizilien
Tolles Drachenfest in San Vito/Sizilien unter "verschärften Reisebedingungen"
Vermutlich war es Sankt Vitus, Namensgeber für San Vito und gleichzeitig Schutzpatron, der auch uns auf unserer abenteuerlichen Drachenreise nach Sizilien vor größeren Katastrophen bewahrte.
Teil 1 – die Hinreise:
Karl-Ulrich und ich starteten am 23.05.2012 auf verschiedenen Bahnrouten um uns im gemeinsamen Zug von Fulda nach Frankfurt-Flughafen zu treffen.
Aus welchen Gründen auch immer, war in unseren Zügen das Handynetz ausgefallen und eine Verabredung, in welchem Waggon wir uns treffen würden nicht möglich. Erleichterung dann zunächst, als ich Karl-Ulrich auf dem Fuldaer Bahnsteig winkend sah und ich mit 23 Kilo Drachentasche plus 3 weiteren Gepäckstücken im Dauerlauf das passende Zugabteil erreichte. Leider war in dem Abteil aber inzwischen alles hoffnungslos überfüllt, so dass ich auf meinem Compribag zwischen den Waggons Platz nahm. Eine Stunde vor Frankfurt blieb der Zug plötzlich mitten in der schönsten hessischen Landschaft stehen. Die Durchsage des Zugführers klärte uns dann zwar auf, beruhigte uns aber keineswegs: ein Baum war auf einem Streckenabschnitt vor uns auf die Schienen gestürzt und die Weiterfahrt würde sich auf unbestimmte Zeit verspäten. Na klasse, wir hatten zwar etwas Karenzzeit eingeplant, aber unbestimmte Zeit …. ??? Nun gut, wir erreichten den Flughafen zwar verspätet aber noch rechtzeitig. Schade, dass in unseren Flugdokumenten nirgends geschrieben stand, dass die ALITALIA vom Terminal 2 fliegt, ebenso schade, dass der Online Check-In tags zuvor nicht funktioniert hatte. Das alles war aber der Airline schnell verziehen, als unsere Drachentaschen problemlos aufgegeben waren. Aufatmen ! Auch wenn die Zeit nicht mehr zu Frühstück oder Kaffee reichte, wir saßen im Flieger.
Die kurzfristig von der Airline geänderte Flugroute über Rom anstatt Mailand und die geänderten Flugzeiten hatte ich dem Drachenfestveranstalter zwar noch mitteilen können, aber leider keine Bestätigung dafür erhalten. Ebenso war meine Anfrage nach einer Kontakttelefonnummer nicht mehr beantwortet worden. Hoffnungsvoll verließen wir in Palermo auf Sizilien das Flugzeug und warteten am Gepäckband auf unsere Drachentaschen. Karl-Ulrichs lange Tasche kam erwartungsgemäß relativ schnell am Oversize Band. Also fehlte nur noch mein Compribag. Wir warteten und warteten und es kam nicht! Erst als das Band abgestellt wurde, war mir klar: du fährst jetzt auf ein Drachenfest und hast keine Drachen dabei. Ein saudoofes Gefühl ! Also, zum Lost Baggage Schalter und den Verlust zu Protokoll gegeben. Taschenbeschreibung, Adressenaustausch und Telefonnummern hinterlassen, all diese Formalien kosteten Zeit.
Würde unser Abholer hinter der Zollkontrolle noch auf uns warten? Vermutlich sei die Tasche noch in Rom und käme am nächsten Tag in Palermo an. Eine Lieferung ins Hotel wurde angeboten, könnte allerdings bis zu 4 Tagen dauern! Na super, dann wäre das Drachenfest ja schon fast rum. Nun aber schnell raus und Ausschau gehalten nach unserem Pick Up. Wir hatten eigentlich nichts, weder eine Kontakttelefonnummer, noch eine Hoteladresse, und wie befürchtet keinen Abholer. Wir warteten, aber nichts tat sich. Kein Abholer weit und breit. Was war das doch damals nett auf Guam, als wir von musizierenden leicht bekleideten Karibiktänzerinnen empfangen wurden, oder in …... Komisch, das einem dann solche Erinnerungen in den Kopf steigen. Nun standen wir da in einer Baustelle am Hauptausgang des Palermo Airport, mit nur einer Drachentasche und vermutlich viel zu hohem Blutdruck! Was tun? Wie in das gute hundert Kilometer entfernte San Vito kommen?
Alle Telefonversuche bei Drachenfreunden blieben erfolglos. Schließlich entschieden wir uns mit dem letztem Bus des Tages nach Trapani, also zumindest schon mal in die richtige Richtung zu fahren. Von Trapani blieb uns dann nur das 60 Euro teure Taxi nach San Vito. Wo würden wir in San Vito die anderen Drachenflieger treffen? Wo unser Hotel?
Doch, alle Sorgen sollten sich als unbegründet herausstellen. Schon bei der Anfahrt in die Bucht von San Vito konnten wir Drachen am nächtlichen Himmel sehen und die bereits angereisten Drachenflieger verbrachten einen ersten gemütlichen Abend am Strand. Wir wurden herzlichst begrüßt und offensichtlich erwartet. Essen wurde aufgetischt und es stellte sich heraus, dass die Nachricht der geänderten Flugzeiten den Veranstalter zu spät erreicht hatte. Unser Abholer hatte schon früher auf uns gewartet und dann die nachfolgenden Maschinen aus Mailand und nicht aus Rom abgewartet. Dann wurde sich der vermissten Drachentasche angenommen. Sofort telefonierten die Veranstalter mit dem Flughafen und es wurde ‚die Hölle heiß gemacht’. Ich weiß nicht, wie viele Personen letztendlich in die Geschichte eingespannt wurden, aber es klingelten ständig irgendwelche Handys. Zu guter letzt wurde dann bestätigt, dass meine Drachen bereits in Palermo wären und am Folgetag mit weiteren Drachenfliegern dort abgeholt würden. Wir wurden dann in unser Hotel gefahren und konnten beruhigt die lange Anreise verdauen.
4 Tage bestes Drachenfest ließen die Strapazen schnell vergessen. Die Bilder sprechen für sich: https://www.facebook.com/media/set/?set=a.3604027092198.2145835.1019221123&type=1&l=96921068d4
Teil 2 – die Rückreise:
Ein tolles Drachenfest war zu Ende, bei dem alles bestens organisiert war. Einziger Nachteil war die hervorragende Küche und dadurch bedingte 3 Kilo Gewichtszunahme. ;-)
Am Montagmorgen wurden wir pünktlich in aller Frühe um 4:30 Uhr vom Airport-Shuttle abgeholt. Am Check-In Schalter der ALITALIA sollte es nun das erste Problem geben. Durften die vor uns Eincheckenden ihre Golftasche noch zum Oversize Schalter tragen, wurden wir gefragt: What’s in this bag?
Die fragende Begrüßung der Check-In Tante mit Blick auf Karl-Ulrichs 160 cm lange Tasche lies nichts Gutes vermuten. Kites? wiederholte sie, Kites cost money! Dann blätterte sie in ihren Bestimmungen, fragte die Nachbarkollegin, diskutierte mit uns, und telefonierte. Die Schlange hinter uns wurde unruhig, wir diskutierten weiter. Alles half nix und letztendlich zahlten wir die geforderten 80 Euro, da die Tasche sonst nicht mitgenommen worden wäre.
In Rom stiegen wir erneut um, und landeten dann pünktlich in Frankfurt. Am Gepäckband kam Karl-Ulrichs Tasche wieder als erstes am Oversize Band an. War ja auch teuer bezahlt worden. Ich wartete weiter, und weiter und …. die Situation kannte ich ja schon vom Hinflug. Das Band blieb stehen und aus der kleinen Maschine warteten bestimmt noch 5 Leute auf ihr Gepäck. Was ist das nur für eine Airline? Während des Drachenfestes wurde bereits erzählt, der Umsteigeflughafen Rom sei bekannt für Lost Baggage.
Also, am entsprechenden Reklamationsschalter anstellen und dasselbe Spielchen wie beim Hinflug. Ausweis und Flugticket vorlegen, Tasche beschreiben, Adresse und Telefonnummern hinterlegen, Verabredung treffen, wie und wann mir die Drachen gebracht werden.
Zum Glück steht am kommenden Wochenende ja kein Drachenfest an, so dass ich die Drachen nicht ganz dringend brauche. Der freundliche Mitarbeiter der ALITALIA versichert mir außerdem, die Tasche sei in Rom und käme mit dem nächsten Flieger nach Frankfurt. Von hier würde sie per Spedition noch am selben Tag nach Kassel transportiert. Ich bekomme eine Track Nummer und File Referenz, außerdem eine Telefonnummer des Lost and Found Schalters. Alles scheint bestens und guter Dinge machen wir uns auf den Heimweg. Zu Hause warte ich dann hoffnungsvoll auf den Anruf der Spedition, der aber bis 18:00 nicht kommt. Kurz vor Schalterschluss schnell beim Lost and Found angerufen, bin ich enttäuscht dass sich dort nur eine Tonbandansage meldet.
Also gebe ich rein aus Neugierde mal meine File Referenz Nummer und Nachnamen in das entsprechende Formular für verloren gegangenes Gepäck im Internet ein. Merkwürdig, dass bei der Weiterleitung zum WorldTracer unter meiner Nummer immer eine Fehlermeldung kommt. So langsam werde ich etwas beunruhigt.
Doch auf der Webseite der ALITALIA werden vielfältige Hilfen beschrieben: Kundenservice, Betreuung, Kontaktangebote, Hilfe nach dem Flug, Gepäckermittlung….etc.
Mir bleibt nichts anderes, als den folgenden Tag abzuwarten.
Gleich am nächsten Morgen wieder die Servicenummer angerufen und wieder dieselbe Telefonansage. Danach habe ich alle auffindbaren Telefonnummern durchtelefoniert, entweder dauerbesetzt, kein Anschluss, oder Tonbänder. Einzig kostenpflichtige Nummern waren erreichbar, fühlten sich aber nicht zuständig. Gesendete FAXe blieben unbeantwortet.
Anderseits sagt die Airline aber: ‚Ihre Meinung über die Qualität des Serviceangebots von Alitalia ist für uns von großer Bedeutung.’
Auch diverse Servicenummern am Frankfurter Flughafen halfen nicht weiter und stellten beim Verbindungsversuch überrascht fest, dass die von ALITALIA hinterlegten Telefonnummern falsch waren. In den seltensten Fällen erreicht man hinter diesen Nummern mitdenkende Menschen, meistens nur Zuständigkeiten. Der eine war nur zuständig für Fluglärm, der andere nur für Flughafenausbau.
Ich hoffte immer noch auf den Anruf der angeblich beauftragten Spedition.
Bei Durchsicht meiner Drachenbilder, wurde mir dann erstmal bewusst, welche Drachen alles verloren wären. Alles Eigenkreationen, deren reiner Materialwert schon enorm hoch gewesen wäre, Verkaufswert mehrere Tausend Euro und der ideelle Wert sowieso nicht bezahlbar. Der Gedanke daran tat weh! Allein die 3 Prototypen meines neuen MapleLeaf. Ich musste an Peter denken, als ihm der Prototyp seines letzten Manta auf einer Flugreise nicht auffindbar abhanden gekommen war.
Es beruhigt auch nicht unbedingt, auf der Webseite zu lesen, dass man nach 45 Tagen die Suche nach dem Verlorengegangenen endgültig einstelle. Wieder telefoniert und wieder gefaxt, keine Reaktion. Bei soviel ‚Kundenfreundlichkeit’ schwillt mir der Hals.
Ach so, ehe ich’s vergesse: Blutdruck 159 zu 89 !
Vielleicht sollte ich mich an eine Fernsehsendung wie ‚Defacto’ wenden, die bei Behördenwillkür oder ähnlichem helfen. Schade, ‚Defacto’ hat schon Sommerpause!
Auch am 2. Tag nach unserem tollen Drachenfest in Sizilien blieben mir nur die Erinnerungen an meine Drachen.
Am 3. Tag dann, zwischen einem frühen Arzttermin und Dienstbeginn, klingelte es plötzlich an der Haustür. Ein DHL Mann stand mit seinem Postwagen vorm Haus und fragte nach meinem Namen. Er hätte da so einen großen, schweren schwarzen Sack im Auto, auf dem aber ein anderer Straßenname stünde. Ich hätte ihn knutschen können. Da war tatsächlich mein CompriBag im DHL-Auto, unbeschädigt und ungeöffnet. In der Tat hatte der Absender einen falschen Straßennamen aufgeschrieben, Hausnummer und Name waren aber korrekt. Es ist mir ein Rätsel, wie trotz vorgelegtem Ausweis bei der ALITALIA so was geschehen kann. Da geht ein und dasselbe Gepäckstück auf Kurzstreckenflügen zweimal nacheinander verloren, endlich aufgefunden wird es an eine falsche Adresse geschickt, aus einer Spedition wird DHL, angegebene Servicenummern sind nicht erreichbare, aber für ein 160 cm Kitebag 80,- Euro kassieren…. die Auswahl der akzeptablen Airlines wird kleiner und ALITALIA gehört mit Sicherheit nicht dazu!
Bernhard Dingwerth